Donnerstag, 8. Februar 2024

Fritz Krauß über den Namen Auer für den Bach in Auerbach

Auerbach – anno

Die Auer, schon vor fünfhundert Jahren erwähnt.

Vom Archiv der Stadt Bensheim wurde ich aufmerksam gemacht, dass der Name „Auer“ für den Bach, der unseren Ortskern durchfließt, nicht zutreffend ist.

Die Stadtteildokumentation Auerbach musste sogar ihre Plakate für die Ausstellung 2019 abändern und den Namen entfernen.

Begründet wurde diese Maßnahme mit zwei Schreiben, einmal vom Katasteramt Bergstraße von 1991 und vom Archiv der Stadt Bensheim von 2011. Beide an den Kur- und Verkehrsverein Auerbach gerichtet, in denen es heißt: Bei der Parzellenvermessung von Hochstädten 1840 und Auerbach 1842 wurde der fragliche Bachlauf von Hochstädten bis zur heutigen B 3 mit „Mühlbach“ und von der B 3 bis zur Einmündung in den Winkelbach mit „Ziegelbach“ bezeichnet. Am 15.04.2019 durfte ich mich überzeugen und bekam die Auskunft, die damaligen Eintragungen wären heute noch amtlich.

Diplom-Archivar Manfred Berg hatte damals dem Vorsitzenden des Kur- und Verkehrsvereins Auerbach, Karl Wilfried Hamel, der auch dem Ortsbeirat vorstand, vorgeschlagen, diesen Sachverhalt der Öffentlichkeit mit einer Publikation im Auerbacher Leben näher zu bringen. Hamel meinte jedoch: „Wir lassen uns nicht sagen, wie unser Bach heißt“ und überging die ganze Sache.

Jetzt nach vielen Jahren wird das Thema wieder akut. Deshalb habe ich aus meinem Privatbestand entsprechende Dokumente herausgeholt und zusammengestellt, damit der Name unserer lieben alten „Auer“ nicht aus der Geschichte verschwindet.

Schon als Schüler haben wir in der Heimatkunde gelernt, dass der Auerberg, das Dorf Auerbach und die „Auer“ zusammenhängen. Sie haben ihre Namen von den Auerochsen, die schon vor Urzeiten aus dem dichten Odenwald kamen, um aus dem klaren kräftigen Wasser unseres Baches ihren Durst zu stillen.

Schon vor der Parzellenvermessung waren in den Niederungen die „Auerlache“ und die „Auerbrücke“ bei Rodau in Plänen eingezeichnet.

Im Auerbacher Leben wurden 33 Orte mit dem Namen Auerbach aufgeführt, die auch fast alle von einem Auer-Bach durchflossen werden.

Unsere „Auer“ kommt aus dem Hochstädter Tal. Zwei Rinnsale werden dort als Auer-Quelle angenommen. Die eine an der Balkhäuser Grenze mit entsprechendem Schild, die andere hinter dem Emmerlingsborn, eine dritte „Drei Brunnen“ kommt von hoch oben im Melibokus-Wald. Insgesamt wird unser Bach von zehn Zuläufen gespeist, die gemeinsam im Mühltal durch den Mühlgrund fließen und über den Mühlgraben neun Mühlräder der Mehlmühlen antrieben. Was liegt da näher, als auch an dem Fließgewässer den Namen „Mühlbach“ einzutragen.

Ab der Frühmess jedoch, da wo die erste Auerbacher Kapelle stand, wird auch ein Ziehbrunnen bezeugt. Ab hier, wird unser Ortsbach seit Menschengedenken „Auer“ genannt und die Bezeichnung lassen wir uns auch nicht nehmen. Am heutigen Lommelplatz gab es früher eine Schleuse, da konnte das Wildwasser reguliert werden. Durch den Mühlgraben, der vom Wasserpfad begleitet wurde, floss das Wasser gemächlich zur Dorfmühle und wieder in der „Auer“ die Bachgasse hinunter bis zur Kronenbrücke. Hier unterquerte sie die Landstraße und trieb im Bangert noch einmal eine Porzellanfabrik an, die 1842 benannt und von Bürgermeister Tobias Krauß genehmigt wurde. Die „Auer“ kreuzte den Viehweg (Otto-Beck-Straße) und nahm weiter ihren Lauf in nordwestlicher Richtung zur „Auerlache“, unter der „Auerbrücke“ hindurch zum Winkelbach und mit ihm zum Rhein.

Als das alte versumpfte Neckarbett im 15. Jahrhundert trockengelegt wurde, entstand auf kürzestem Weg vom Bangert aus ein „Neuer Graben“ zur Bruchbrücke am Winkelbach.

Auch ein tiefer, breiter Landgraben zur Entwässerung der nassen Wiesen und Felder hatte in Auerbach seinen Anfang und zog sich durch das Ried,

An der Hauptstraße (heutige B 3) und am Viehweg hinunter gab es ein großes Gelände mit einer bekannten Ziegelei, das von der „Auer“ durchflossen und vom neuen Graben berührt wurde. Letzter Eigentümer war die Familie Brack. Auf ihm wurden die getrockneten, hartgebrannten Backsteine und Dachziegel aufgestapelt. Im Flur-Plan wird das Areal mit „Steingarten“ bezeichnet. Die Ziegelei siedelte in die Lettkaut um und am Neuen Graben entstanden weitere Ziegeleien, deshalb bekam das Gewässer den Namen „Ziegelbach“. Der Flurname „Zwischen den Bächen“ erinnert heut noch an die alten Bachläufe.

Alle gemachten Ausführungen sind zu belegen.

  1. Ein Gewässerplan mit Neckarbett in ihm: „Die Auerbrücke bei Rodau“.

  2. Kirchenbuch aus 1601 von Pfarrer Plaustarius*: „In der Auerlache, Die Ziegelhütte, Zwischen den Bechen“. *[Sein Name findet sich auf dem Taufstein der Auerbacher Bergkirche:  Im Jahre des Herrn 1608 wurde dieser Taufstein errichtet, als Magister Tobias Plaustarius Pfarrer (an) dieser Kirche (Übersetzung der lateinischen Inschrift)]

  3. Die Porzellanfabrik 1842: „Angetrieben durch die Auer“.

  4. 1499 „Die gemeine Bach“ ist die aus dem Hochstädter Tal kommende „Auerbach“.

  5. Ziegelbach 17. Jahrhundert, Garten darauf der Ziegelofen stehet.

  6. In etlichen Gedichten wird die romantische „Auer“ besungen.

  7. Schriftverkehr von 1926 und 27 der Gemeinde Auerbach mit dem Kreis Bensheim und dem Denkmalpfleger in Darmstadt nur „Auer“ erwähnt.

  8. 1926 Tageblatt Darmstadt: Es ist doch unstreitig, daß Auerbach diesem Bach seinen Namen verdankt.

  9. Herr Bänker vom Bergsträßer Anzeiger spricht dreimal vom „Auerbach“.

  10. In den neuen Bensheimer Stadtplänen am Bach „die Auer“.

  11. Weitere aufschlussreiche Unterlagen liegen noch im Archiv Bensheim sowie in Darmstadt.

Die Stadtteil-Dokumentation Auerbach könnte das Thema bearbeiten, mit dem Ortsbeirat besprechen und für sorgen, dass der Name „Auer“, der schon hunderte von Jahren alt ist, auch für die kommenden Generationen erhalten bleibt.


Fritz Krauß


Langjähriges Mitglied im Kur- und Verkehrsverein Auerbach und bei der Stadtteil-Dokumentation.  

Veröffentlicht 2019 im "Auerbacher Leben"


Freitag, 4. August 2023

Fritz Krauß: Auszüge aus der Auerbacher Chronik (gesammelt für das Auerbacher Leben)

 

Auszug aus der Auerbacher Chronik (Teil 2) von Friedrich Hartz

 Die vorliegende Chronik war Bestandteil der Schützenzeitung von 1924.

Die Kirche am Grüsselberg wurde im 13. Jahrhundert auf den Resten der „Alten Burg“ errichtet.

Die „Friehmeßkapelle“ in der oberen Bachgasse war die erste Auerbacher Kirche im Dorf.

Oberschützenmeister Friedrich Hartz war Bahnhofsvorsteher, Ausbilder bei der Jugendwehr, Betreiber des Gasthauses „Wiesengrund“, er betrieb ein Immobilien-Bureaur (Büro), war 1924 der Organisator des großen Schützenfestes, bei dem auch schon sein ältester Sohn Walther beteiligt war.

Mit seiner Familie wohnte er in der Schönbergerstraße im Haus Nr. 9.

1928 war er Gastwirt im „Jägerhof“, Heidelberger-Straße 43, Ecke Saarstraße.

Heute wäre er stolz auf seine Enkeltochter Hedi, die beliebte Vorsitzende der Liedertafel Auerbach.

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Teil 1 erhellt somit auch, daß das Auerbacher Schloß niemals die Stammburg eines adeligen Geschlechts war, das sich nach derselben nannte. Kein Wappen ziert die Tore, und nichts deutet darauf hin, daß es „Herrn vom Urberg jemals gegeben hat. Wohl wird in einer Urkunde des Eberbacher Klosters vom Jahre 1309 der Ritter Dudo de Urberg als Schiedsrichter genannt. 1316 erscheint wiederum ein Thudo de Urberg als Ritter und 1333 siegelt „Volrad eyn ritther von Urberg“ eine ausgefertigte Urkunde. 1343 sehen wir einen Johann von Urberg im Besitz von einigen Gefällen und Gerechtsamen im Dorfe Bessungen. Doch unterliegt es keinem Zweifel, daß dies wohl nur Burgmänner von Auerbach waren, die sich den Namen ihres Burglehens, das sie nicht erblich, sondern nur zeitweise inne hatten, beigelegt hatten.

Was das Dorf Auerbach betrifft, so bildete es in seiner Zugehörigkeit zum Kloster Lorsch eine „Wildhube“ desselben und gehörte zum „Lorscher Wildbann“. Dieser war ein Gefüge von einer großen Anzahl Ländereien mit Ortschaften und Wäldern, deren Grund und Boden Eigentum des Klosters war, während die Jagdgerechtigkeit darin ursprünglich in den Händen des deutschen Königs lag.

Was die kirchlichen Verhältnisse des Dorfes Auerbach „im Mentzer bistume gelegen“ betrifft, so hatte es vor dem Dorfe seine eigene Kapelle „zur Not Gottes“ genannt. Diese Kapelle stand in dem unweit des Auerbacher Schlosses gegen Zwingenberg zu gelegenen sogenannten Auerbacher Kirchenwald. Ursprünglich war sie eine Privatkapelle für die Insassen der nahen Einsiedelei und wahrscheinlich auch der Schloßbewohner von Auerberg, später wurde die Kapelle, die bald in den Ruf einer Wunderkapelle kam, das erste Gotteshaus der Auerbacher Christen, die zur Pfarrei Bensheim gezählt wurde.

Auerbach war bis zum 13. Jahrhundert eine Filialgemeinde von Bensheim und muß in der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts bereits eine selbständige Pfarrgemeinde gewesen sein. Denn Auerbach war bereits 1297 Sitz eines kurmainzischen geistlichen Gerichts.

Völliges Dunkel herrscht auch über die vor dem Jahre 1479 vorhanden gewesene Dorfkirche. Sie scheint während der Reformation dem Erdboden gleichgemacht worden zu sein. Die jetzige Kirche ist 1479 gebaut.

Von den Erzbischöfen von Mainz ging Schloß und Dorf Auerbach als Lehen auf die Grafen von Katzenelnbogen über. Obwohl diese urkundlich erst Anfang des 15. Jahrhunderts mit dem Schloß Auerberg belehnt wurden, so waren sie doch schon lange vorher im Besitz desselben. Im Jahre 1224 ist Diether II. von Katzenelnbogen im besitze des Auerbacher Schlosses und der Wildhube Auerbach und 1228 erscheint Diether in einer Urkunde als Beauftragter des Lorscher Abtes bei einem Verkaufe, der auf der Schloßburg zu Auerbach verhandelt wurde. Auch die Grafen von Katzenelnbogen setzten Burgmänner auf den Auerberg und erweiterten wiederholt das Burglehen.

Das Land zu Auerberg hatte einen verhältnismäßig großen Umfang und noch vor dem Jahre 1330, wo Darmstadt zur Stadt erhoben wurde, umfaßte es die meisten der zum späteren Oberamt Darmstadt gehörigen Ortschaften.

Im Jahre 1318 wurde eine Teilung Neu-Katzenelnbogens in das Land zu Dornberg und in das zu Auerberg vorgenommen. Die Grafen Berthold II. und Eberhard II. teilten sich in das Eigentum und in die Einkünfte des Landes zu Auerberg. In dem Teilungsvertrag hieß es: Die Burg solle gemeinsam bleiben. Die Ernennung der Burgmänner geschah anfangs immer durch einen gemeinschaftlichen Akt. Nach 1340 vollzieht nur noch ein Graf die Ernennung und besiegelt den Lehensbrief. Verschiedene Anzeichen sprechen dafür, daß das Auerbacher Schloß nicht nur eine Landesfeste, sondern höchstwahrscheinlich auch ein zeitweise Fürstensitz des Grafen von Katzenelnbogen war.

Die meisten Urkunden, die wir über das Auerbacher Schloß besitzen, beziehen sich auf das Auerbacher Burglehen oder um sonstige Besitzverhältnisse. So beurkundet 1340 Konrad IV. von Frankenstein, daß er von den Grafen Johann I. und Eberhard IV. gegen ein Burglehen von 20 Pfd. Heller zum „ledte Burgmann of der Burg Urberg“ angenommen worden ist. Der neue Burgmann bekennt hierbei auch, daß er den Grafen von Katzenelnbogen zur Heeresfolge verpflichtet sei.

So treten die Grafen von Katzenelnbogen schon lange als sichere Herren des Schlosses Auerberg auf, ehe im Jahre 1420 der Mainzer Erzbischof Konrad III. dem Grafen Johann II. Dorf und Schloß Auerbach zu Lehen gibt.

Im Jahre 1479 starb Graf Philipp der Letzte der Katzenelnbogener. Die ganze Katzenelnbogische Erbschaft samt dem Dorf dem Dorfe Auerbach und das Schloß fielen an den Landgrafen zu Hessen. Im Jahre 1567 vermachte Philipp der Großmütige „Auerberg“ seinem Sohne Georg dem Frommen, welcher der Begründer der Hessen-Darmstädter Linie wurde.

Die Vereinigung der beiden katzenelnbogschen Grafschaften durch den Landgrafen Heinrich III. von Hessen erfolgte im Jahre 1479. Von diesem Zeitpunkt ab schwand die Bedeutung des Auerberges. Standen doch schon die letzten Grafen in keiner anderen Beziehung mehr zu dem Auerbacher Schlosse, als daß sie ihr Eigentumsrecht daran bekundeten, das zugehörige Burglehen vergaben oder erweiterten. Wir sehen die Grafen von Katzenelnbogen dem Auerberge, der einst die Krone ihrer Besitzungen im Oberrheinau bildete, niemehr persönlich näher treten. Die Burggrafen, die es zu Lehen hatten und es oft wieder an andere abtreten mußten, die häufig nicht einmal auf dem Auerberge wohnten, die Amtmänner, die wohl oben wohnten, aber keinerlei nachdrücklichstes Interesse an der Erhaltung der Schloßburg, sondern lediglich an den Einkünften aus den zum Burglehen gehörigen Gütern, Ortschaften und Gerechtsamen hatten, haben wohl mit die Verantwortung dafür, daß das Schloß allmählich in Verfall geriet.

Schon in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts war einer der Ecktürme eingestürzt, und im 15. und 16. Jahrhundert nahm der Verfall immer mehr zu. Freilich, nachdem das Schloß einmal gänzlich im Mittelpunkte des Staates lag und unantastbares Eigentum des Landesherrn war, hatte es eine Bedeutung als Landesfeste völlig verloren und es diente lediglich nur noch als Verwaltungsgebäude. F.C.K. [Fritz Krauß]

Auszug aus der Auerbacher Chronik (Teil 3) von Friedrich Hartz


Die vorliegende Chronik war Bestandteil der Schützenzeitung von 1924.

Die Kirche am Grüsselberg wurde im 13. Jahrhundert auf den Resten der „Alten Burg“ errichtet.

Die „Friehmeßkapelle“ in der oberen Bachgasse war die erste Auerbacher Kirche im Dorf.


Oberschützenmeister Friedrich Hartz war Bahnhofsvorsteher, Ausbilder bei der Jugendwehr, Betreiber des Gasthauses „Wiesengrund“, er betrieb ein Immobilien-Bureaur (Büro), war 1924 der Organisator des großen Schützenfestes, bei dem auch schon sein ältester Sohn Walther beteiligt war.

Mit seiner Familie wohnte er in der Schönbergerstraße im Haus Nr. 9.

1928 war er Gastwirt im „Jägerhof“, Heidelberger-Straße 43, Ecke Saarstraße.

Heute wäre er stolz auf seine Enkeltochter Hedi, die beliebte Vorsitzende der Liedertafel Auerbach.

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Im Jahre 1520 beherbergte das Schloß den aus seinem Lande vertriebenen Herzog Ulrich von Württemberg, dem der Landgraf Philipp der Großmütige das Auerbacher Schloß nebst der benachbarten Bickenbacher Burg (Alsbacher Schloß), dazwischen der bequeme Komoderweg, als Unterkunft überlassen hatte.


Die einst so stolze Burg war damals so sehr in Verfall geraten, dass sie einer gründlichen Ausbesserung unterzogen werden mußte. Ein jetzt über der Eingangstüre zu dem einen Eckturm angebrachter alter Mauerstein mit der Jahreszahl 1535 gibt offenbar Kunde hiervon. Nach der Wiederherstellung wurde das Schloß Verwaltungsbeamten zum Wohnsitz übergeben, die den Titel Amtmann weiterführten. Von 1601 – 1623 wohnte der Auerbacher Förster auf dem Schlosse und führte den Titel Burggraf. Im dreißigjährigen Krieg, wo die kriegerischen Scharen aller Parteien an der Bergstraße hausten, war auch Auerbach und der Auerberg mehrmals der Schauplatz blutiger Kämpfe.


Im Jahre 1635 waren die Franzosen, die der Bergstraße besonders übel mitspielten, in das Schloß eingedrungen und richteten eine arge Verwüstung an, nachdem sie zuvor das Dorf ausgeplündert hatten.

Von einem kriegerischen Überfall des Dorfes Auerbach durch den Kurfürsten Friedrich Wilhelm II. von Brandenburg, der alles verwüstend und plündernd vom Main hergezogen kam, berichtet das Auerbacher Kirchenbuch: Als im Jahre 1672 der landverderbliche Brandenburger Krieg gewesen und Friedrich Wilhelm II. mit einem starken Heer bei Höchst über den Main in hiesiges Land gezogen, alles geplündert und verwüstet hat, haben die Auerbacher alle Wege und Zugänge in das Dorf verhauen und oben auf dem Grüsselberge etliche hölzerne Brunnenröhre gegen die Straßen zu gelegt, da dann die Brandenburger Soldaten gemeint, es wären Stücke (Kanonen) und es hat deswegen keiner dem Ort sich zu nahe getraut, sondern waren allemal von Ferne umgewendet und haben gesagt: „Da iß dat Dorf da die Tübels Buren wohnen!“ Vom Jahre 1674 heißt es in den Bensheimer Stadtratsprotokollen: „In Auerbach haben die Franzosen lange gestanden und das flache Land ganz abrasiert; am Berge ist etwas weniges stehen geblieben.“ Freilich, es stand damals so viel Kriegsvolk vor den Toren Bensheim,, daß die Bensheimer genug mit sich zu tun hatten auch der gute Autor der Stadtratsprotokolle nicht sehen konnte, was auf dem Auerbacher Schloßberg sich alles ereignete und insbesondere „wie weniges dort ist stehen geblieben.“

Die Not der Zeit gebot, das Auerbacher Schloß seiner früheren Bestimmung wieder zurückzugeben; es musste wieder als Feste dienen, und zwar als Trutzfeste, in die sich die Einwohner von Auerbach sowohl, als auch die Bauern der nahen Täler flüchteten, um den Greueln der verwilderten Kriegshorden zu entgehen. Bald nach dem Ausbruch des französisch-niederländischen Krieges fiel der französische Marschall Turenne in die Bergstraße ein, alles vor sich und hinter sich sengend und brennend in ein wahres Jammertal verwandelnd. Schnell wurde die Burg in Verteidigungszustand versetzt. Alles half mit, die teilweise zerfallenen Mauern wieder aufzubauen.

Es war am 16. Juni 1674, als Turenne mit einer verwegenen Schar gegen das Schloß rückte, in das sich die Bewohner von Auerbach, Hochstätten und Balkhausen mit ihrer wertvollsten Habe geflüchtet hatten. Mit einem wahren Heldenmute verteidigten die wackeren Winzer ihre Feste, und schon hatten sie trotz dem dringenden Abraten des Amtsmannes, der die Verteidigung der Burg leitete, einige glückliche Ausfälle gemacht, als unerwartet eine feindliche Rotte von einem Verräter geführt, durch einen geheimen Mauergang in die Burg drang, die Hauptmasse der Belagerer nach sich ziehend. Entsetzen und Wut ergriff die Belagerten, als sie sich plötzlich überrumpelt sahen. Vergebens bat der Amtmann von dem ungleichen Kampfe abzusehen. Allein mit wilder Todesverachtung wehrten sich die schlichten Bauerngegen den tückischen Eindringlich. F.C.K. [Fritz Krauß]

Es heißt, daß u.a.: „Zu Auerbach, Zwingenberg und Alsbach sind die Glocken hinweg geraubt, die Kirchen aufgeschlagen, in den beiden letzten Orten die Orgel ruiniert, die Pfeifen hinweggenommen, Fenster, Türen und anderes so zerschlagen, daß es zum Erbarmen. Die Weingärten an der Straße gelegen, sind zerritten, die Pfähle herausgerissen, die Stöcke abgeschnitten; un summa es ist ein solch Verderbnus, daß es fast nicht zu beschreiben, und werden besorglich die wenigsten Leute sich zu Auerbach und Zwingenberg aufhalten können.“

Nach den schweren Schicksalsschlägen des 16. u. 17. Jahrhunderts erholte sich das Dorf Auerbach verhältnismäßig bald wieder. Nicht so das Auerbacher Schloß! Es blieb eine Ruine!

Die wenigen, nach der Zerstörung durch die Franzosen stehen gebliebenen Mauern stürzten nach und nach ein und boten wilden Tieren ein willkommenes Versteck. Da der Sitz des Amtmannes nach Zwingenberg verlegt worden war, so fehlte dem Schlosse von da ab auch der allernotwendigste Schutz, und ein alter Schriftsteller klagt: „ Das Schloß muß zur Wüstenei und Steinhaufen werden, wie denn anjetzo nur annoch zwei hohe Türme stehen“. Im Frühjahr 1821 stürzte einer der beiden Türme bei einem Gewitter donnernd in Tal, und noch viele Jahre blickte der Bergfried als ein einziger Zeuge vergangener Herrlichkeit und als stummer Mahner dem lebenden und undankbaren Geschlechte vom Gipfel des Auerbergs trauernd hinab in die Ebene.

Doch wie einst die Schloßburg auf dem Auerberg es war, die dem Dorfe zu ihren Füßen ein gewisses Ansehen im Lande verschaffte, so sollte später Auerbach mit seiner herrlichen Umgebung dazu berufen sein, das alte Bergschloß der drohenden Vergessenheit zu entreißen und weit hinein in das deutsche Vaterland, ja selbst über die deutschen Grenzpfähle hinaus seinen Ruhm zu tragen.

Als nämlich im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts der Bensheimer Arzt Heyland in der Nähe von Auerbach in herrlichem Laubwald ein eisenhaltiges heilkräftiges Wässerlein entdeckte und die Gemeinde auf Veranlassung des damaligen fürstlichen Oberschultheißen Gerst im Jahre 1739 die Quelle einfassen ließ und „der Ruf der neuentdeckten mineralischen Quelle aus verschiedenen umliegenden Gegenden, ininsonderheit aus der Pfalz, viele Leute dahin lockte, die das Wasser in Krügen und Fässern abholten, und wodurch der Brunnen berühmt wurde“, da fing unser Auerbach an, sich immer mehr zu entwickeln und in die Oeffentlichkeit zu treten.

Eine weitere bedeutsame Förderung erfuhr das Dörfchen durch das häufige Hoflager der hess. Fürsten in dem sogenannten „Fürstenlager“, das Landgraf Ludwig VIII. zu Ende des 18. Jahrhunderts sich in allernächster Nähe der Heilquelle als einen unvergleichlich reizenden Sommerwohnsitz ausbauen ließ. So konnte es nicht fehlen, daß die Aufmerksamkeit zuerst des Hofes und damit der weitesten Kreise auf die romantische Ruine des Auerbacher Schlosses gelenkt wurde, die durch einen bequemen Weg mit dem Fürstenlager verbunden wurde. Einen eifrigen Bewunderer und einen armen Fürsprecher hatte die schöne Schloßruine in dem Großherzog Ludwig III. gefunden, und seiner Anregung und tatkräftigen Unterstützung ist es zu danken, daß sie nicht nur vor weiterem Verfall geschützt wurde, sondern auch durch jährliche Ausbesserungen aus ihrem Schutte wieder erstehen durfte.

Auch heute noch gilt das Auerbacher Schloß den Gelehrten und Freunden des Altertums als eine kostbare Perle mittelalterlicher Befestigungskunst.

Wenn heute die schöne Bergstraße die Bezeichnung „Deutsche Rivera“ trägt, so ist diese Bezeichnung nicht zuletzt auf das herrlich gelegene Auerbach, die Perle der Bergstraße zurückzuführen. F.C.K. [Fritz Krauß]



Zur Geschichte Auerbachs im Frühjahr 1945

 

Kriegsereignisse im Frühjahr 1945 / Teil 1

Notiert von Ernst Günther Kolbenach

Dr. Ernst Günther Kolbenach, geb. 29.7.1896 in Breslau, gestorben am 25.2.1974 in Karlsruhe, wohnte Ende des 2. Weltkrieges in Auerbach, Bahnhofstraße 3 im Haus Querengässer. Er war Geschäftsführer der Maschinenfabrik Hawig, die auf dem Gelände von Heinrich Schroth, Darmstädter Straße 28 ausgelagert war.

In der Bahnhofstraße 2 stand in einem großen Park die Villa der Familie Merck, in der auch die oft genannte Frau Herrmann / Merck wohnte.


Aus seinem Tagebuch:

Sonnabend, den 24.3.45

Ich spüre meine Beine von dem vielen Hin und Her. Im Geschäft fehlte Schemel (Betriebsleiter). Ich ließ arbeiten, damit meine Männer nicht zum Volkssturm kommandiert wurden. Jetzt kann nach Gutdünken alles behauptet werden. Die Verantwortung übernehme ich gern inmitten der Allzuvielen, die blaß werden, wenn sie dieses Wort hören. Telephon ist gesperrt. Wo sind militärische Dienststellen? Ich muß sie suchen, um etwas mehr zu wissen als die andern. Anordnung, daß die Männer morgen 7 Uhr zur Arbeit erscheinen sollen, so sind sie am besten geschützt.

Die neue Ortskommandatur soll im Schönberger Tal liegen, dort muß ich hin.

Am Ritterplatz nahm mich ein Offizier in seinem Wanderer-Auto mit. Ich stand auf dem Trittbrett und mußte höllisch aufpassen, daß ich nicht abgeschleudert wurde.

Auf Schloß Falkenhof, war der Stab der Armee. Man hatte aber zur Zeit kein Interesse an den Reinigungsgeräten aus unserer Fertigung.

Im Befehlsbunker der Stadt Bensheim traf ich Bürgermeister Dr. Mißler, Stadtbaurat Bräunig und noch viele andere, die ich nicht kannte.

Was soll mit Bensheim geschehen? Was mit den Panzersperren? Ich werde verabschiedet, hörte aber noch einen Streit zwischen dem Kreisleiter und dem Bürgermeister wegen der Verteidigung von Bensheim.

Sonntag, den 25.3.45

Gestern Sonnabend 21 Uhr mit meiner Frau (Hezchen) noch einmal zu Frau Herrmann. In Erwartung der Ereignisse in den nächsten Stunden saß man gern beisammen. Ein Glas Wein. Dr. Merck aus Darmstadt war gerade wie immer zum Sonnabend gekommen. Plötzlich stürmt Beate ins Zimmer und meldet, die Amerikaner seien in Bickenbach und Alsbach. Volkssturm alarmiert. Meine Mitarbeiter Gerhard, Gölz und Riebel seien vor der Tür, um zu fragen, was sie nun tun sollten. Ich eilte hinaus und hörte, daß ihnen bei Todesstrafe befohlen sei, sofort anzutreten. Ich sah ihnen an, daß sie von mir Hilfe erwarteten, ging ins Zimmer zurück und schrieb an Frau Herrmanns Schreibtisch an den Kompagnie Führer Philipp Rindfleisch etwa so: Auf Befehl des Armee-Oberkommandos in Schönberg hat die Hawig Maschinenfabrik Sonntag früh zu arbeiten. Die Gefolgschaftsmitglieder Gerhard, Gölz und Riebel sind deshalb nicht zum Volkssturm einzuziehen. Dann meine Unterschrift und den Zusatz: Auf Befehl des AOK und als bevollmächtigter Beauftragter des Ministers für Rüstung und Kriegsproduktion. Sie glaubten es.

Ich hatte sehr erregt und „undeutlich“ geschrieben, so daß ich den Text vorsichtiger Weise Gerhard Wort für Wort vorlas. Er konnte es dann selber nachlesen. Sie zogen dankend ab. Bei Frau Herrmann-Merck bis Mitternacht. Hezchen nach Haus. Ich wollte erst noch hören, was aus meinen Leuten geworden war. Treffe bei Riebel alle drei zusammen, die bei einem Schoppen Wein und einer frischen Büchse Leberwurst ihre Freistellung vom Volkssturm feierten. Gerhard berichtet, wie gut es gewesen war, daß er den Text mit mir gelesen hatte. Er sollte den versammelten Volkssturmhäuptlingen vorlesen. Sie nahmen sichtlich Haltung an und verbeugten sich, als die hohen Dienststellen genannt wurden. Selbstverständlich waren alle drei sofort frei.

Hezchen (meine Frau) und Beate (meine Tochter), in aller Eile zu Schonnefeld gebracht, haben sich, ohne sich zu melden, durch die Küche hinaufgeschlichen und hingelegt. Ich ging zurück , traf am Mäuerchen Inge (Schonnefeld), die mit dem Rad schwer beladen zurückkam von der letzten Arbeit als Rot-Kreuz-Schwester in der Krone (Lazarett). Wolfgang (ihr Sohn) unter Tränen nach Lindenfels im Krankenauto. Er will den Amerikanern nicht in die Hände fallen. Unsinn! Tut er doch, hier oder da. Und warum nicht. Lazarett hat neueste Nachricht, daß Amerikaner Umgehung machen durch den Odenwald über Ober-Ramstadt – Michelstadt. Ich helfe Inge, das Rad auf den Buckel hinaufzuschieben. Dann wieder zurück zur Bahnhofstraße. 2 Sturmgeschütze brausten nach Zwingenberg durch, dann kam ein Sanitätsauto (!) mit 500 L Benzin. Das Sturmgeschütz an der Ecke tankte 100 L und fuhr über Bensheim Richtung Schwanheim Gott sei Dank weg. Sanitätsauto weiter Richtung Zwingenberg, um die dort stehenden Sturmgeschütze zu versorgen. Nur geringer Kampflärm fernab. Jetzt kein Schießen mehr.

Nicht zum Schlafen gekommen. Feind sollte in Alsbach, vielleicht auch Zwingenberg stehen. Ein Offizier auf Motorrad brauste heran und fragte, ob die Auerbacher in ihren Häusern seien. In Heppenheim sei alles in die Wälder getürmt, weil die Polizei zweimal erklärt habe, die Bergstraße sei zu räumen, weil eine neue Waffe angewendet werde. Er war erfreut zu hören, daß hier nichts bekannt sei und daß man sich nicht durch ein so vages Gerücht habe verblüffen lassen.

Brückmann (Kreisleiter) soll in Bensheim den Volkssturm stark anspannen. Als ich den Buckel zum zweiten Mal herunterging, nachdem ich Inge mit Rad zwischen 2 und 3 Uhr hinaufgeholfen hatte, traf ich auf der Schloßstraße zwei militärische Personen, die ich erst später als Volkssturm erkannte. Ich sagte, sie sollten türmen, Feind schon im Odenwald, hier alles voll Ausgebombter, denen man nicht die Häuser durch sinnlosen Widerstand zerstören soll. Auf einmal redet mich der eine mit Herr Doktor an. Es war der Dachdeckermeister Kuhn aus Bensheim.

Gegen 3.30 Uhr rückte Infanterie in Richtung Zwingenberg vor. Als ich etwas vorging, kamen vier Panzerabwehrkanonen, deren Führer fragte, ob er am Südausgang von Auerbach sei. Er war hier beinahe schon am Nordausgang. Ich wollte ihn nicht in unserer Nähe haben und riet ihm, noch weiter vorzurücken, um besseres Schußfeld zu erhalten.

Montag, den 26.3.45 7.30 Uhr

Hella und Beate waren bereits am 24. abends zu Schonnefeld auf den Margaretenberg gegangen und schliefen dort, um nicht bei den Kämpfen um die Panzersperre bei Kilgus gefährdet zu sein. Die Amerikaner kamen aber in der Nacht und am ganzen Sonntag hier nicht weiter vor. So aßen wir gestern gemeinsam mit Schonnefelds auf dem Buckel zu Mittag. Abends gingen wir alle nach Bahnhofstraße 5 zurück. Nach Bensheim ging ich nicht. Der Kreisleiter soll dort den Volkssturm kommandieren. Frau Herrmann hat ihren Keller eingerichtet. Unser Keller gefällt mir nicht, zu eng. In den heutigen frühen Morgenstunden gegen 3.00 Uhr wurde die Artillerietätigkeit sehr stark. Unsere Batterien etwa im Jägersburger Wald, Einschläge der Feindgeschütze blieben westlich der Bahn. Bei sehr starkem Gefechtslärm, der besonders auch durch unsere Batterien hervorgerufen wurde, brachte ich Hella und Beate mit Gepäck in den Stollen oberhalb Försterei Brück. Die Hawigarbeit ließ ich durch Herumsagen absagen. Schlaf war nur von 23 bis 2 Uhr. Trotzdem bin ich hellwach und möchte Bäume ausreißen. Laufend Verbindung zu Frau Herrmann, auf die ich mich verlassen kann. Die geräuchvolle Nacht läßt eine Entscheidung für diesen Tag erwarten. Straßen leer, überall Jabos. Es knattert an allen Ecken.

Ganz Auerbach sitzt im Keller, weil die Jabos wild in der Luft sind und schießen. Kreisleiter Brückmann soll getürmt sein. Frau Herrmann hat jetzt Ruhe in ihrem Keller. Auf meine Anregung gingen Frau Merck und Sohn, Dr. Merck, der etwas ängstlich zu sein scheint, in den Stollen bei Förster Brück. Viel hielten sich vor dem Stolleneingang im Freien auf. Drinnen war es mir unsympathisch.

Durch die leeren Straßen von Auerbach immer eng an die Häuser geklemmt springe ich von Hausecke zu Hausecke. Über mir jaulen und knattern die Jabos.

Frau Herrmann hält mir eine Standpauke, daß ich zu leichtsinnig sei. MG Kugel durch ihr Badezimmer ins Schlafzimmer geflogen. Steckt neben dem Bett im Fußboden. Ich soll auch im Keller bleiben. Das kann ich nicht, ich muß draußen sein, muß sehen, habe das Gefühl, daß ich sonst zu irgend etwas zu spät komme.

Das Haus ist leer, ich sitze einsam am Wohnzimmertisch, Knoblochs und Querengässers im Keller. Bett ungemacht. Tisch nicht aufgeräumt. Kriegsmäßige Unordnung. In Bensheim große Brände. Die Rauchwolken sind so hoch, daß man sie im Hochstädter Tal sehen kann.

Jabo Tätigkeit den ganzen Nachmittag über sehr stark. In Auerbach überall MG Einschläge, aber glücklicherweise keine Bomben. Nachmittags wieder Besuch im Stollen, gegen 19 Uhr zurück mit Beate, die einiges aus der Wohnung holt und wieder zum Stollen verschwindet.

Am Ausgang von Auerbach nach Hochstädten brennt das Haus Poetz. F.C.K. [Fritz Krauß]


Fritz Krauß über den Namen Auer für den Bach in Auerbach

Auerbach – anno Die Auer, schon vor fünfhundert Jahren erwähnt. Vom Archiv der Stadt Bensheim wurde ich aufmerksam gemacht, dass der Name „A...